Ist das Thema Pflege eine kommunalpolitische Aufgabe ersten Ranges?

Die SPD Untermosel widmete ihren dies jährigen Neujahrsempfang ganz dem Thema Pflege und konnte zahlreiche Gäste im Festsaal des Schlosses von der Leyen begrüßen. Unter ihnen auch Marc Ruland, MdL und Verbandsbürgermeister Bruno Seibeld.

 Nach der Begrüßung durch den Fraktionssprecher der SPD Untermosel Klaus Frevel und den Grußworten des Kreisbeigeordneten Rolf Schäfer widmeten sich die beiden Gastredner,  Prof. Dr. Hermann Brandenburg, Inhaber des Lehrstuhls für Gerontologische Pflege an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Vallendar (PTHV) und Dr. Alexander Wilhelm aus Spay, Staatsekretär im Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie des Landes Rheinland-Pfalz, in Gondorf ganz dem aktuellen Problem der Pflege.

 In seinem Vortrag ging Hermann Brandenburg u.a. auch auf das Programm von Minister Span ein und zitierte die Gewerkschaft Verdi, die das Programm als „halbherzig“ bezeichne. 

Nach Auffassung Brandenburg muss eine sozialdemokratische Pflegepolitik gemeinwohlorientiert sein. „Ein Problem ist die zunehmende Ökonomisierung, Privatisierung und Kommerzialisierung von Medizin und Pflege. Wir haben aus diesem Sektor ein Geschäft gemacht. Pflege ist zur Ware geworden.“ so Brandenburg in seinem Vortrag.

 Diesen Punkt konnte Staatssekretär Wilhelm in seinem Vortrag aufgreifen. „Pflege ist mit Inkrafttreten der Pflegeversicherung seinerzeit als marktwirtschaftliche Struktur konzipiert worden. Jeder Anbieter, der bestimmte gesetzlich normierte Voraussetzungen erfüllt, hat Anspruch auf einen Versorgungsvertrag. Der Grundgedanke war, dass sich die Einrichtungen mit dem besten Dienste durchsetzen und Konkurrenz im Besten Sinne belebend wirken würde.“

Wilhelm räumte ein, dass dieser Grundgedanke nicht immer zu dem gewünschten Ziel geführt habe. Wenn Einrichtungsträger Gewinne erzielen ist das zunächst nicht schlimm. Wenn die Gewinne aber zu Lasten der Pflege gehen und vertraglich vereinbarte Leistungen nicht erbracht werden, dann besteht Handlungsbedarf.

Darüber hinaus stellte Brandenburg in seinem Vortrag die Frage nach der Verantwortung. „Natürlich hat die Wohlfahrtspflege (auch die kirchlichen Einrichtungen) der Ökonomisierung nichts entgegengesetzt, im Gegenteil – sie haben mitgemacht! Auch die Manager, die kommerziellen Betreiber, die Controller sind im Blick zu behalten. Aber all diese Akteure setzen nur das um, was die Politik entschieden hat.“ so Prof. Brandenburg in seinem Vortrag in Gondorf.

Dem erwiderte Wilhelm dass man auf Landesebene bereits 2016 im Rahmen der Möglichkeiten gehandelt habe und führte u.a. das Änderungsgesetz mit einer Art Aufnahmestopp auf. Wilhelm weiter: „Es gibt ein gesamtgesellschaftliches Interesse an einer menschenwürdigen Pflege und daher ist es meines Erachtens nur folgerichtig, wenn die gesamte Gesellschaft angemessene finanzielle Beiträge dazu leistet.“ Er forderte damit auch einen Zuschuss aus den Steuermitteln des Bundes zu gründen, wie es ihn heute schon bei der Kranken- und Rentenversicherung gibt.  Auf die Frage was der einzelne im Bereich der VG Rhein-Mosel denn tun könne, wenn er einen pflegebedürftigen Angehörigen habe oder vielleicht selbst betroffen sei gab Herr Brandenburg den Tipp: „Ich würde zunächst einmal den Pflegestützpunkt für die Verbandsgemeinde Rhein-Mosel in Dieblich kontaktieren, hier wird eine kostenlose Beratung im Vor- und Umfeld der Pflege geleistet. Man muss dazu wissen, dass die Pflegestützpunkte zu neutraler Beratung verpflichtet sind, auch wenn sie an bestimmte Dienste und Wohlfahrtsverbände angegliedert sind bzw. dort Räume angemietet haben. Und Rheinland-Pfalz ist hier bundesweit führend.“

Wilhelm bekräftigte abschließend, dass die rheinland-pfälzische SPD mit ihrer Pflegestrategie zu ihrer Verantwortung steht. „Mit unserer Pflegestrategie arbeiten wir gemeinsam mit den Partnern an der Fachkräftesicherung. Wir stärken die Prävention um den Eintritt in die Zunahme von Pflegebedürftigkeit hinauszuzögern oder zu vermeiden. Wir stärken die Planungs- und die Steuerungskompetenz der Kommunen. Wir stärken und sichern die Beratung von pflegebedürftigen Menschen und ihren Angehörigen. Wir stärken den Auf- und den Ausbau neuer Wohnformen im Alter und bei Pflegebedarf.“

 Prof. Dr. Hermann Brandenburg stellte klar, dass die Pflege eine kommunalpolitische Aufgabe ersten Ranges sei und es aus seiner Sicht ist sehr wichtig ist, im Gemeinderat das Thema Pflege und Versorgung zu diskutieren statt irgend einem Investor die Verantwortung zu delegieren. „Das Thema Pflege gehört in diesen öffentlichen Raum und da muss darüber gestritten werden, welche Versorgungsmöglichkeit ist denn jetzt die Beste.“ so Brandenburg in Kobern-Gondorf.

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